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Es war Mitternacht, und es regnete. Trotzdem ging der junge Herr mit seiner Handtasche aus hellem Leder nicht in den Wartesaal, sondern schritt unablässig, ungeduldig an dem Bahngleise auf und nieder. Einen Augenblick blieb er stehen, sah unschlüssig nach dem von ein paar trübseligen Petroleumlampen erhellten Bahngebäude und setzte sich dann gleich wieder in Bewegung. Im Wartesaal roch es nach altem Leder und schlechtem Petroleum. Gelüftet hatte man wohl schon seit Monaten nicht. Er stellte die Handtasche ab, da ihn sein linker Arm schmerzte, ging weiter, kehrte aber nach wenigen Schritten wieder um, nahm die Tasche in die Rechte und wanderte weiter. Der junge Herr schritt strammer aus, denn auf dem Bahnsteig tauchten drei verlumpte Gestalten auf, die verdächtig genug aussahen und sich ihm langsam näherten. Sie redeten ihn an, er faßte sein Gepäckstück fester. Sie sprachen eifrig auf ihn ein, er nickte nur abweisend, denn er verstand kein Wort. Da hörte er das Geräusch des nahenden Zuges und atmete erleichtert auf. Aus allen Räumen quollen Menschen, der Schnellzug lief ein. »Minsk! Minsk!« schrien die Schaffner, und kaum stand der Zug, stürzten die Leute aus den Waggons, um sich am Büfett zu erfrischen. Mühsam drängte sich der Herr mit der Handtasche zu einem Abteil. Aber es war besetzt. Er eilte durch die Waggons, nirgends ein Platz. Alles war belegt mit Gepäckstücken, Überziehern, Schirmen, Schachteln, Eßwaren oder ruhig schlummernden Menschen. Nur ab und zu blickte einmal einer auf und sah dem eilfertigen, hübschen jungen Mann, der so stumm durch die Waggons lief, erstaunt nach. Hatte der Ärmste die Sprache verloren, war er taubstumm? Dann fielen die Lider wieder müde über die dunkel umschatteten, übernächtigten Augen. Halb verzweifelt stand der junge Mann bald wieder auf dem Bahnsteig. Was sollte er tun? Er wollte diesen Zug nicht versäumen. Unter keinen Umständen! Da kam ihm ein rettender Gedanke. Eilfertig ging er wieder von Abteil zu Abteil und rief hinein: »Spricht hier vielleicht jemand deutsch?«